Es fängt schon bei der Wohnungsbesichtigung an. Wie sagt der Volks-mund: Augen auf, Kauf ist Kauf. So auch bei er Anmietung einer Wohnung. Der Mieter, der sehenden Auges eine Wohnung anmietet, die Mängel hat, ist später mit Minderungsansprüchen ausgeschlossen. Das neue Mietrecht weist insoweit keine Änderung gegenüber dem alten auf. Nicht immer ist die Frage, ob ein Mangel nun vorliegt oder nicht, einfach zu beantworten.
Der Gesetz-geber hat mit der Mietrechtsreform zunächst den Begriff des Mangels ausge-tauscht gegen den des Fehlers und ist im Zuge des Schuldrechtsmodernisie-rungsgesetzes wieder zu dem Begriff des Mangels zurückgekehrt, ohne ihn jemals definiert zu haben oder jetzt zu definieren. Der Mangel besteht in der Differenz zwischen dem, wie die Mietsache nach den Vereinbarungen der Vertragsparteien geschaffen sein soll und dem, wie sie tatsächlich beschaffen ist.
Deshalb muss nicht jeder Mangel auch tatsächlich ein Mangel sein. Hat der Mieter bei der Besichtigung festgestellt, dass die Innentüren keine Schlüssel aufweisen und erklärt er, dass ihm dies nichts ausmache, ist der vorgefundene Zustand dieser Wohnung trotz der fehlenden Schlüssel als ver-tragsgerecht anzusehen, mit der Folge, dass der Mieter demzufolge auch nicht mindern darf und auch keinen Anspruch auf Ersatz dieser Schlüssel hat. Häufig stört zum Beispiel in einer engen Küche die Türe. Mancher Vormieter hat das Türblatt ausgehängt und weggeschafft. Moniert der Nachmieter die-sen Mangel bei Vertragsabschluss nicht, so kann dieser Zustand als ver-tragsgerecht angesehen werden.
Hat die Wohnung eindeutig Mängel, die den Interessenten auch stören, so muss er sich die Beseitigung dieser Mängel durch den Vermieter bei Ver-tragsabschluss vorbehalten. Aus Beweisgründen sollte dies im Mietvertrag festgehalten werden. Nimmt er die mangelhafte Wohnung vorbehaltlos an, verliert er ebenfalls das Minderungsrecht. Absolut empfehlenswert ist deshalb, dem Mietvertrag ein von beiden Seiten unterschriebenes ausführliches Übergabeprotokoll als Anlage beizufü-gen, wo etwaige Mängel genau festgehalten sind, des weiteren, ob und wer diese gegebenenfalls bis wann beseitigt. Ein solches Protokoll ist insbeson-dere auch nach Ablauf einer langen Mietzeit sehr hilfreich bei der Frage, wie die Wohnung bei Bezug ausgesehen hat. Das Ganze kann noch durch eine Fotodokumentation ergänzt werden. Tritt ein Mangel während des Mietverhältnisses in der Wohnung auf, ist als erstes der Mieter verpflichtet, dem Vermieter oder seiner Hausverwaltung unverzüglich den Mangel anzuzeigen. Verstößt er gegen diese Pflicht, macht er sich schadensersatzpflichtig und verliert auch das Minderungsrecht zumin-dest für die Zeit bis der Vermieter Kenntnis erlangt.
Der Autor ist Rechtsanwalt der Kanzlei Klasen und Hennings in Berlin mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Mietrecht.
Mängel in der Wohnung:
Was muss der Mieter tun?
Fortsetzung ...
von Ferdinand Klasen
Ist der Mangel derart erheblich, dass eine Gefahr für den Mieter oder auch für die Mietsache besteht, so zum Beispiel wenn ein Wasserrohr bricht und Vermieter nicht erreichbar ist, ist der Mieter nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, den Mangel sofort beseitigen zu lassen.
Das Gleiche gilt wenn in die Wohnung eingebrochen wurde und sofort die Sicherung der zerstörten Wohnungseingangstür oder der Fenster etc. vorgenommen werden muss. Ist Gefahr nicht Verzug, muss der Mieter dem Vermieter die Mangelbeseitigung überlassen. Erst wenn dieser nach ange-messener Frist nicht tätig wird, kann der Mieter auf Kosten des Vermieters die Mangelbeseitigung in Auftrag geben.
Ein Mangel an der Mietsache (Wohnung oder Geschäftsräume aber auch der gemietete Wagen) löst folgende Rechte für den Mieter aus:
1. Recht auf Mangelbeseitung
2. Recht auf Minderung der Miete
3. Zurückbehaltungsrecht gegenüber der Pflicht zur Zahlung der Miete als Druckmittel gegenüber dem Vermieter, den Mangel zügig zu beheben
4. Recht auf Schadensersatz, sofern der Mangel nach Mietvertragsab-schluss auftrat und auf einem Verschulden des Vermieters beruht
5. Recht zur außerordentlichen fristlosten Kündigung bei Verzug des Vermieters mit der Mangelbeseitigung bzw. ohne dem bei gesund-heitsgefährdenden Mängeln
Allerdings eröffnet nicht jeder Mangel sämtliche hier aufgeführten Rech-te. Nur der Mangel, der die Tauglichkeit der Mietsache entsprechend den ver-traglichen Vereinbarungen erheblich einschränkt, berechtigt zur Minderung; unerhebliche Einschränkungen berechtigen nicht zur Minderung. Beispiel: In der Besenkammer zeichnet sich aufgrund eines Wasserschadens in der dar-über liegenden Wohnung ein Wasserfleck ab. Dieser ist nur ästhetischer Art und beeinträchtigt die Besenkammer in ihrem Gebrauch überhaupt nicht. Deshalb löst er auch kein Minderungsrecht aus, gleichwohl hat auch hier der Mieter den Mangelbeseitigungsanspruch. Das Zurückbehaltungsrecht ist das Recht des Mieters, seiner Pflicht zur Mietzahlung ganz oder teilweise nicht nachkommen zu brauchen. Die Rechtsprechung berechnet das Zurückbehal-tungsrecht nach der Höhe des Minderungsrechtes. Im wesentlichen haben sich hier die Gerichte auf das 3- bis 5-fache des Minderungssatzes als Zu-rückbehaltungsrecht eingependelt. Beispiel: Berechtigt ein Mangel zu einer Minderung von 10 %, so darf dieser Mieter darüber hinaus noch 50 % der Miete zurückhalten, bräuchte also für den besagten Monat nur 40 % zu zah-len.
Bei unerheblichen Mängeln entsteht keine Minderungsquote und demzu-folge auch kein Zurückbehaltungsrecht.
Mängel in der Wohnung:
Wie berechne ich den Minderungsbetrag?
Schwierigkeiten bereitet durchaus die Berechnung des Minderungsbe-trages. Das Gesetz gibt überhaupt keinerlei Auskunft darüber, um wieviel Prozent bei dem oder dem Mangel die Miete gemindert ist. Ebenso wenig gibt es Auskunft darüber, ob die Gesamtmiete einschließlich der Nebenkostenvor-schussbeträge zu mindern ist oder nur etwa die reine (Netto-) Miete.
Es gibt heute eine Vielzahl von sogenannten Minderungstabellen, die den Gerichten, Anwälten und Mietervereinen als Richtschnur dienen. Dort sind die jeweiligen Urteile nach Art der Mängel sortiert und in den wenigsten Fällen lässt sich ein Mangel mit dem anderen vergleichen. Deswegen ist auch eine pauschale Behandlung nicht möglich. Es ist immer der Einzelfall zu beur-teilen und somit entscheidet letztlich der jeweilige Richter. Es gibt jedoch ge-wisse Anhaltspunkte. Fällt im Winter die Heizung aus, führt dies meist zu ei-ner 100 %igen Minderung.
Ähnlich dürfte es sein, wenn die Wohnung ohne Strom ist. Fällt die Küche in ihrer Funktion aus, ist die Wohnung sicherlich erheb-lich beeinträchtigt, aber dies führt noch nicht zu einer vollständigen Minde-rung, sondern bestenfalls zu einer Minderung von 50 %. Fällt jedoch das Bad mit WC in seiner Funktion gänzlich aus, so kann dies wieder zu einer 100 %i-gen Mietminderung führen. Der Wasserfleck an einer Decke ohne sonstige Beeinträchtigung ist und bleibt ein ästhetischer Mangel der grundsätzlich die Funktionstauglichkeit der Wohnung nicht beeinträchtigt. Gleichwohl wird man hier Minderungen im Be-reich um die 7,5 bis 15 % (je nach Größe und Häufigkeit der Flecken) zuzubil-ligen haben. Das mit Planen verhängte Baugerüst vor den Fenstern kann durchaus zu Minderungen bis zu 30 % führen und wenn noch weitere Beeinträchtigun-gen hinzukommen, zum Beispiel verklebte Fenster, auch über 30 % hinaus-gehen.
20 % von was?
Nach einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des hiesigen Landge-richtes ist der Prozentsatz von der Nettomiete zuzüglich des Vorschussbetra-ges für die kalten Betriebskosten zu berechnen, jedoch alleine von der Net-tomiete abzuziehen. Beispiel: Die Nettokaltmiete beträgt 800,00 € zzgl. 100,00 € als Vorschuss auf die Betriebskosten und zzgl. 100,00 € Heizkos-tenvorschuss. Bei einer 20 %igen Mietminderung ergibt dies einen Minde-rungsbetrag von 180,00 € (20 % von 900,00 €) und wird abgezogen bei der reinen Nettomiete von 800,00 €, so dass lediglich 620,00 € + 200,00 € für die Nebenkosten, zu überweisen wären. In diesem Falle ergibt sich allerdings noch ein Zurückbehaltungsrecht vom 5-fachen Minderungsbetrag, also in Hö-he von 100 %, so dass der betroffene Mieter nur noch die beiden Nebenkos-tenbeträge zu überweisen bräuchte.
Da aber bezüglich der Berechnung des Zurückbehaltungsrechtes die Rechtsprechung durchaus unterschiedlich ist, sollte der Mieter sich sicher-heitshalber mit dem 3-fachen des Minderungsbetrages begnügen, um nicht eine fristlose Kündigung wegen Mietrückstandes zu riskieren.
Der Autor ist Rechtsanwalt der Kanzlei Klasen und Hennings in Berlin mit dem Tätigkeitsschwerpunkt im Mietrecht