Mieterschutz bei Bildung von Wohnungseigentum
Vorkaufsrecht und Kündigungssperre
Noch jede Bundesregierung hat wohnungsbaupolitisch die Bildung von Wohnungseigentum auf die eine oder andere Art gefördert. Die Folgen der Eigentumsbildung, insbesondere in großstädtischen Ballungsgebieten veranlasste den Gesetzgeber jedoch, Anfang der 90er Jahre den von der Umwandlung betroffenen Mieter umfangreicher zu schützen: Ihm wurde ein Vorkaufsrecht eingeräumt und ihm kann der Erwerber, also der neue Vermieter, frühestens nach Ablauf von 3 Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Veräußerung (= Zeitpunkt der Eintragung des Erwerbers als neuer Eigentümer im Grundbuch) wegen Eigenbedarfs oder Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB) kündigen.
Aufgrund der Ermächtigung der Landesregierungen haben die meisten Länder diese 3-Jahres-Frist verlängert auf bis zu 10 Jahren. Das Land Berlin hat hiervon durch Verordnung vom 21.05.1993 Gebrauch gemacht und die Kündigungssperrfrist auf 10 Jahre ausgedehnt.
Der Senat muss jedoch im Herbst darüber entscheiden, ob nochmals eine solche Sperrfrist durch Verordnung erlassen wird. Dies ist deshalb fraglich, da kürzlich das Bundesverwaltungsgericht als letzte Instanz die Zweckentfremdungsverbotsverordnung des Landes Berlin, die ebenfalls auf der Annahme einer Unterversorgung der Bevölkerung Berlins mit Wohnraum beruht, angesichts eines aktuellen Leerstandes von ca. 160.000 Wohnungen für unwirksam erklärt hat.
Das eingeräumte Vorkaufsrecht muss durch schriftliche Erklärung aller Mieter dem Verkäufer gegenüber (das muss nicht unbedingt der Vermieter sein) ausgeübt werden und zwar innerhalb von 2 Monaten, gerechnet ab dem Zugang der Mit-teilung über den Wohnungsverkauf (§ 469 Abs. 2 BGB).
Häufig wird versucht, das Vorkaufsrecht des Mieters zu umgehen. Der beurkundende Notar weist zwar die Kaufvertragsparteien auf die Mitteilungspflicht hin; er ist aber selber nicht mitteilungsverpflichtet.
Wird einem Mieter die Mitteilung über den Verkauf vorenthalten, erfährt aber anderweitig davon, kann er, sofern noch nicht die Eigentumsumschreibung vollzogen ist, durch einstweilige Verfügung die Eintragung des Erwerbers als neuen Eigentümer verhindern bis über sein Vorkaufsrecht endgültig entschieden ist.
Das hier Gesagte gilt nur in solchen Fällen, wo nach Mietvertragsabschluss Wohnungseigentum gebildet wurde. Dagegen wird ein Mieter, der eine bereits im Wohnungseigentum stehende Wohnung anmietet, selbst dann nicht geschützt, wenn er diesen Umstand bei Anmietung nicht kannte. Ein Vermieter ist nicht verpflichtet, dem Wohnungsinteressenten mitzuteilen, dass es sich um eine Eigentumswohnung handelt. Er muss aber auf entsprechende Fragen wahrheitsgemäß antworten, ansonsten macht er sich schadenersatzpflichtig.
Aber auch bei den Fällen, wo erst nach Mietvertragsabschluss das Wohnungseigentum gebildet wurde, ist zu unterscheiden: Der hier behandelte Mieterschutz betrifft nur die Fälle, wo die Wohnungseigentumsbildung nach § 8 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) erfolgte. Dies sind allerdings mit Abstand die häufigsten Fälle. Der höhere Schutz umfasst nicht die Wohnungseigentumsbildung im Sinne des § 3 WEG. Dies sind die Fälle, wo sich mehrere Personen zusammenschließen, um z.B. ein Mehrfamilienhaus zu erwerben und sich dann anschließend die jeweiligen Wohnungen als Sondereigentum selbst zuordnen. Hier kann der jeweilige Eigentümer gegenüber dem Mieter ohne Weiteres und ohne Beachtung irgendeiner Sperrfrist wegen Eigenbedarfs bzw. wegen Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung kündigen.
Gleiches gilt, wenn besagte Personenmehrheit, z.B. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, das Haus erwirbt ohne Sondereigentum im Sinne des § 3 WEG zu bilden, aber gleichwohl für einen einzelnen Gesellschafter Eigenbedarf geltend macht. Auch hier ist der betroffene Mieter nicht besonders geschützt.
Der Autor ist Rechtsanwalt der Kanzlei Klasen und Hennings in Berlin mit dem Tätigkeitsschwerpunkt im Miet- und Wohnungseigentumsrecht