Mietrecht von A bis Z

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

Die moderne Bautechnik hat die Schimmelbildung in den Wohnungen nicht aufhalten können. Ist der Fort-schritt vielleicht die Ursache vermehrter Schimmelbildung? Diese Frage muß man bejahen. Trockenheit ist der Feind des Schimmels, Feuchtigkeit sein Lebenselixier.



Die Ursache der Feuchtigkeitserscheinungen wurde gemeinhin nach den bis dato gemachten Erfahrungen ge-sucht in aufsteigender Feuchtigkeit im Mauerwerk, ständiger Durchfeuchtung aufgrund eines undichten Da-ches, einem Leck in einer wasserführenden Leitung oder eines vorausgegangenen und nicht sofort richtig be-handelten Wasserschadens (z.B. einer ausgelaufenen Waschmaschine usw.)Heute stellen Mieter in ihrer Woh-nung erhebliche Schimmelbildung fest, ohne daß auch nur eine der vorgenannten Ursachen vorläge. Trotzdem ist auch hier Feuchtigkeit, konkreter: Wasser, die Ursache für den Schimmel. Dies wiederum hat etwas sowohl mit der modernen Bautechnik als auch mit einem gewandelten Wohnverhalten zu tun.

Von erheblicher Bedeutung ist dabei das geänderte Bewußtsein im Umgang mit Energie. Man will (und soll) Heizkosten sparen. Der betroffene Mieter kann dies selbst beeinflussen, indem er nicht oder nur ganz wenig die Wohnung lüftet und/oder so wenig wie möglich seine Wohnung aufheizt. Die moderne Bautechnik trägt dem Energiespargedanken Rechnung durch Fassadenisolierungen und moderne wärmeisolierende Fenster und Tü-ren. Darüber hinaus kommen ständig verfeinerte Techniken bei den Heizungsanlagen zum Zuge mit automati-scher Temperaturabsenkung bei Nacht. Aber auch die Verwendung anderer Möbel und Textilien in der Woh-nung tut ein übriges für eine überhöhte Feuchtigkeit in den Wohnungen. Die alten Holzmöbel aber auch Vor-hänge aus Naturfaser haben in nicht zu unterschätzendem Umfang Wohnungsfeuchtigkeit absorbiert. Möbel mit einer undurchlässigen Oberfläche oder auch Textilien aus Kunstfaser sind hierzu nicht im Stande. Ange-sichts dieser „modernen Umstände“ wird vom Mieter heute immer häufiger verlangt, er möge seine Wohnung regelmäßig und möglichst „quer“-lüften, damit der notwendige Luftaustausch stattfinden kann, denn die nach modernen Maßstäben isolierten Wände lassen im Gegensatz zum klassischen Mauerwerk einen Ausgleich nicht zu; die modernen Wände „atmen“ nicht mehr. Darüber hinaus wird dem Mieter entgegen dem Energiesparge-danken abverlangt, er möge gefälligst die Wohnung besser beheizen.
Dem Mieter wird also abverlangt, er möge durch sein Wohnverhalten die unangenehmen Ergebnisse der Bau-technik kompensieren. Dies kann ihm nur in einem engen Rahmen abverlangt werden. Ein Mieter, der viel-leicht ein Aquarium und/oder noch Hydrokulturpflanzen in der Wohnung hält, darüber hinaus übermäßig häu-fig duscht und/oder auch noch regelmäßig viel Wäsche zum Trocknen in der Wohnung aufhängt, ist sicherlich verpflichtet, entsprechend häufig zu lüften und auch die Wohnung hinreichend zu beheizen. Liegen aber solche übermäßigen Beanspruchungen nicht vor, kann auch einem Mieter nicht ein übermäßiges Lüften abverlangt werden. Schimmelbildung stellt einen Mangel der Mietsache dar. Demzufolge berechtigt er auch grundsätzlich zur Mietminderung, es sei denn, die Ursachen für die Schimmelbildung liegen beim Mieter.
Was muß der betroffene Wohnungsmieter beachten? Der Mieter muß als erstes seinen Vermieter sofort über die Schimmelbildung informieren, damit dieser Gelegenheit erhält, so schnell wie möglich zu reagieren. Im ande-ren Falle setzt sich der Mieter etwaigen Schadensersatzansprüchen seines Vermieters aus. Die Tatsache der Schimmelbildung als solche wird von den Gerichten so interpretiert, daß zunächst einmal ein Mangel an der Mietsache vermutet wird. Die Gerichte unterstellen also nicht von vorn herein ein Mieterverschulden.
Der Vermieter muß nun beweisen, daß seine Wohnung in Ordnung ist. Er wird in aller Regel einen Fachmann schicken, der mit einer Sonde die Feuchtigkeit in den Wänden mißt. Ist diese nicht überhöht, ist der Mieter gefordert, zu beweisen, daß die Schimmelbildung nicht an seinem Wohnverhalten liegt.
Oft ist es so, daß man die Schimmelbildung nicht mit dem Auge, sondern mit der Nase wahrnimmt: Es riecht muffig und man sucht die Ursache. Häufig zeigt sie sich dann hinter einem an der Wand stehenden Möbel-stück. Dahinter ist die ganze Wand verschimmelt. Was ist die Ursache? Das besagte Möbelstück, oft großflä-chige Einbauschränke, läßt die wärmere Raumluft nicht an die verdeckte Wandoberfläche gelangen. Die Wand kühlt also hinter dem Möbelstück völlig aus. Diese gegenüber der normalen Raumtemperatur weitaus kühlere Wandoberfläche sorgt für eine Kondesierung der Raumfeuchtigkeit. Die Tapete und insbesondere der Tapeten-kleister sind ein hervorragender Nährboden für Schimmel. Die Tapete befindet sich genau an der Stelle, wo die Kondensation stattfindet, hier die kalte Wand, dort die wärmere Raumluft.
Der Vermieter ist sofort mit der Patentlösung bei der Hand: Er fordert seinen Mieter auf, das Möbelstück ent-sprechend von der Wand abzurücken, damit genügend Zirkualtionsluft dahinter gelangen kann. Darüber hinaus wird ihm auch sein Fachmann bestätigen, daß die Wand nicht durchfeuchtet ist (sie ist lediglich zu kalt). Diese Rechnung geht aber nicht auf. Ein Mieter ist nicht verpflichtet, seine Möbelstücke 10 oder 15 cm von der Wand abzurücken. Nur in extremen Fällen des Zubauens ganzer Wände wird man dem Anliegen des Vermie-ters stattgeben.
Kümmert sich ein Vermieter nicht um die Schimmelbeseitigung, sollte der Mieter unverzüglich die Woh-nungsaufsicht einschalten, die dann hoheitlich gegen den Vermieter vorgeht.
Der Mieter sollte auch sofort seine Mietzahlungen unter Vorbehalt stellen, damit er nicht sein Minderungsrecht verwirkt. Er kann dann später, wenn die Ursachen feststehen, den Minderungsbetrag berechnen und einbehal-ten.


Der Autor ist Rechtsanwalt der Kanzlei Klasen und Hennings in Berlin.

Adresse

Datenschutz

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.